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Dorfschule Bhatta

eine Schule für Mädchen und Jungen

2007 gegründet

2010 abgeschlossen - Nach  nur drei Jahren war es möglich, diese kleine Schule für 55 Mädchen und Jungen an den indischen Staat zur Weiterführung zu übergeben.

In 2008 konnte der Verein in dem 400-Seelen-Dorf Bhatta eine Grundschule aufbauen. Initiatiorinnen waren vier ehemalige Schülerinnen unserer Internatsschule in Khadigram. Das dass Engagement unserer Arbeit Früchte trägt, das heißt nachhaltig ist, sei hiermit unter Beweis gestellt.

Eine kleine Delegation hatte sich auf den langen Fußmarsch von Bhatta aus auf den Weg gemacht, weil sie gehört hatten, dass aus Deutschland Projektbesuch nach Khadigram gekommen war. Vier ehemalige Schülerinnen, die um Unterstützung durch unsere Organisation baten, damit in ihrem Dorf alle Kinder Zugang zu Bildung erhalten könnten.  Für sie sei es ein großes Geschenk, lesen, schreiben und rechnen zu können. Nach wie vor seien sie glücklich, dankbar und stolz, dass sie in Khadigram in die Schule gehen und lernen durften. Sie sind der Ansicht, dass jeder in ihrem Dorf auf solch einen wichtigen Wissenschatz zurückgreifen können sollte. Ob wir nicht eine Möglichkeit sähen, um diesem Wunsch zu entsprechen.

In ihrem Dorf gäbe es so viele Kinder, die nicht lesen und schreiben könnten, denn in weitem Umkreis gäbe es keine Schule. Auch ein Lehrer würde nicht in der Nähe wohnen, der die Kinder unterrichten könnte. (Wie wir erfahren konnten, gehen ca. 80 Prozent der Kinder dieser Region nicht in die Schule!) Unsere ehemaligen Schülerinnen wollten aber doch gerne, dass alle wenigstens ein bisschen Bildung erhalten könnten. Ob es nicht eine Möglichkeit gäbe … Meine vier Mädels nickten dazu eifrig und unterstrichen nochmals, dass sie ja in Khadigram viel lernen konnten und dass andere Kinder doch auch solch eine Chance bekommen sollten. "Mari Bahan, bitte …"

Natürlich habe ich in meiner Funktion als Vorstandsvorsitzende keine Sekunde gezweifelt, alles daranzusetzen, diesen Wunsch möglich zu machen. Nach längeren Diskussionen, durch die ich auch erfahren wollte, was denn die Dorfgemeinschaft von dieser Idee halten mag und wie sich die Familien dazu stellen und vor allem, was das Dorf an Eigenleistung für solch eine Schule zu erbringen bereit wäre, habe ich meinen Besuch in Bhatta in den nächsten Tagen zugesagt. So bin ich an einem frühen Morgen losmarschiert. In Bhatta erwartete mich nicht nur eine große Gruppe von Erwachsenen, sondern auch eine riesige Kinderschar vor dem zukünftigen, sehr desolaten Schulgebäude.

Unzählige Kinderaugen richteten sich voller Hoffnung auf mich. Immer mehr Eltern kamen aus ihren Hütten, um ebenfalls Teilnehmer der für sie unglaublichen Vorgänge zu sein. Unter dem Druck der Ereignisse und der Hoffnungen, die da in einen gesetzt werden, kann man sich schon recht erbärmlich und klein vorkommen. In dem Moment war ich mir auch gar nicht so sicher, ob die Erwartungen erfüllt werden können, und der Gedanke, dass man die Hoffnungen nicht erfüllen kann, ist durchaus furchteinflößend. Wer möchte schon in niedergeschlagene Kinderaugen und enttäuschte Mienen schauen. Aber in dem Augenblick waren die Kosten absolut nicht kalkulierbar.

Die Dorfgemeinschaft wollte ein ungenutztes Gebäude zur Verfügung stellen, das sehr marode und ausbesserungs- und reparaturbedürftig war. Die Dörfler versicherten, dass sie diese Arbeiten durchführen würden, auch wenn sie dafür nicht bezahlt würden. Allerdings baten sie darum, dass der Verein die notwendigen Materialien bezahlen sollte, denn das könnten sie nicht leisten. Wie auch. Bei einem Jahreseinkommen von maximal 420 Euro lässt sich keinesfalls auch nur eine Paise (kleine ind. Münze) abzweigen. Überschlagsweise sollten die Reparaturkosten 1000 bis 2000 Euro kosten. Ein einigermaßen überschaubarer Betrag.

Wichtiger war es zu wissen, wie hoch die laufenden Kosten für diese Schule sein würden, denn die müssten vom Verein regelmäßig aufgebracht werden, wenn das neue Projekt am Laufen gehalten werden sollte. Aufgrund der Erfahrungen in Khadigram war es relativ leicht zu schätzen, was auf die Organisation zukommen würde. Die jährlichen Kosten, einschließlich des Schulmaterials und der Lehrergehälter, sollten sich auf circa 3000 bis 4000 Euro pro Jahr belaufen. Gemessen an dem, was für eine deutsche Grundschule aufgebracht werden müsste, waren das eher Peanuts. Mit einigem Engagement würde die neue Schule von uns zu finanzieren sein, so mein Credo.

Innerhalb weniger Monate entstand eine Dorfschule mit drei Räumen und einer Veranda.

Zwei Lehrer wurden gefunden, der Unterricht für insgesamt 55 Jungs und Mädchen konnte beginnen. Bezeichnenderweise wurden mehr Jungs als Mädchen für den Unterricht angemeldet. Dennoch: nicht im Traum habe ich damit gerechnet, dass sich durch unsere ehemaligen Schülerinnen so schnell solche eine Entwicklung einleiten würde. Das Bewusstsein dafür, dass Bildung einen hohen Stellenwert hat und wichtig ist, hat sich offenbar rasch in den Köpfen der Mädchen festgesetzt. Das sie aber so schnell nach Möglichkeiten suchen würden, um dies auch für andere erfahrbar zu machen, ist überaus bemerkenswert!

Da die Schulkinder immer ihre kleinen Geschwister mit im Schlepp hatten, auf die sie auch während des Unterrichts aufpassen mussten, haben wir beschlossen, eine Kindergartengruppe zu eröffnen, für die sich, zunächst ehrenamtlich, eine junge Frau aus dem Dorf fand, die die circa 30 Kleinen mit viel Elan und Hingabe betreute und mit ihnen spielte. So kehrte rasch Ruhe im Unterricht ein und es konnte konzentriert gelernt werden, während die kleinen Kinder spielen lernten. Mit einer Spielzeugspende aus Deutschland können die Kindergartenkinder nun unter anderem ihre Zeit während des Unterrichts verbringen.

Nach drei Jahren Laufzeit wurde unsere kleine Schule vom Bundesland Bihar übernommen.

Wir dürfen dies als einen weiteren Erfolg unseres Einsatzes verbuchen, denn durch unser Engagement wurde die Landesregierung auf den Missstand aufmerksam und erklärte sich endlich bereit Grundbildung für Kinder in einer Region bereit zu stellen, die ganz offensichtlich auf der Landkarte vergessen worden sind. Leider bedeutet das allerdings nicht, dass damit alle Schul- und Bildungsprobleme gelöst sind. Nach wie vor ist es Fakt, dass Lehrer, trotz inzwischen guter Bezahlung, im Unterricht nicht erscheinen, sondern lukrativen Nebenbeschäftigungen nachgehen. Dass sie nachmittags teuren Nachhilfeunterricht anbieten, den die meisten Familien sich nicht leisten können. Dass Gebühren erhoben werden, die gar nicht existieren. Dass sie Kinder diskriminieren, wenn sie zur Gesellschaftsgruppe der Dalit oder Adivasi gehören.

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